Wasserkraftanlage - Geschichte
Von der Sägemühle zum Kleinkraftwerk
1856
1884
1922
1980
1981
1999 und 2005
2007
2011
2014/2015
Schon im Mittelalter drehten sich im Ägerital Wasserräder, die Getreidemühlen und Sägewerke in Betrieb setzten. Der Ägerisee, ein idealer Energiespeicher, sorgte für eine relativ konstante Wasserversorgung. Geschichtlich nachgewiesen ist die sog. Lochmühle, die auf dem heutigen Areal der inneren Spinnerei stand.
1479
Uli Weibel erhielt von der Gemeinde die Erlaubnis, das Wasser der Lorze für sein Gewerbe zu nutzen. Er durfte oberhalb der Brücke im Dorf eine Schwelle anbringen, musste aber 1/3 des Lorzenwassers frei abfliessen lassen. Neben dem Flössen von Stämmen konnte Uli Weibel auch mit Netzen fischen.
Im Laufe der Zeit sassen verschiedene Geschlechter auf dieser Sägemühle, bis 1815 Clemens Iten das ganze Gewerbe inklusive einem grossen Steinbruch kaufte.
Ende des 18. Jahrhunderts wurde die manuelle Herstellung von Garnen und Geweben durch die industrielle Fabrikation überrollt. In England wurden erste Spinnmaschinen hergestellt, an den verschiedenen Flussläufen in der Schweiz, der Sihl, an der Töss und im Glarnerland entstanden die ersten Spinnereien.
Wolfgang Henggeler, ein junger Ägerer hatte die Gelegenheit bei einer Fabrikantenfamilie in Gattikon in einer schon bestehenden Baumwollspinnerei, Technik und Verfahren kennen zu lernen.
1833
Wolfgang und seine Brüder Alois und Franz Josef unterbreiteten ihrem ledigen Onkel den Plan, in Ägeri eine Baumwollspinnerei zu bauen. Zuerst nicht gerade begeistert, versprach Johann Jakob Henggeler jedoch den Initianten tatkräftig und finanziell unter die Arme zu greifen.
So kam es, dass anfangs 1834 mit dem Bau der ersten Spinnerei in Unterägeri begonnen wurde und zwar auf dem Gelände des Clemens Iten.
Clemens Iten, der Lochmüller, hatte als zweite Ehefrau Katharina Henggeler, die Schwester der Gebrüder Henggeler geheiratet, und so war es einfach, für den Antrieb der Fabrik gleich das Unterwasser der Mühle auszunutzen. Auch stellte Clemens Iten den Unternehmern das Land zur Verfügung. Zwischen Iten und den Henggeler wurde ein Gesellschaftsvertrag abgeschlossen.
Das erste Mühlrad wurde in der Schmiede der Henggeler gefertigt. Erst 1836 war es so weit, dass die ersten 1200 Spindeln in Aegeri zu surren begannen. 1839 konnte schon ein grösseres Wasserrad installiert werden, welches die doppelte Leistung von 60 PS abgab.
In dieser Zeit wurde Aegeri von verheerenden Krankheiten heimgesucht. Viele Personen starben an Ruhr und Fleckfieber, die Lorze überschwemmte grosse Gebiete in- und ausserhalb des Dorfes. Obwohl der Kanton die Situation erkannte, konnte er kein Geld zur Sanierung frei machen.
1856
Die Gebrüder Henggeler traten vor die beiden Talgemeinden und die Seeanstösser mit dem Vorschlag, sie würden auf eigene Kosten den See um 3 Fuss absenken, die Lorze begradigen, eine neue Schleuse im Dorf einbauen, unter der Bedingung, dass sie das Wasser nach ihrem Bedarf nutzen können. Am 25. November 1857 schlossen sämtliche See- und Lorzenanstösser der Gemeinden Ober- und Unterägeri mit der Spinnerei den sogenannten Seevertrag ab. Im Laufe von 5 Jahren wurde die Lorzensole um einen Meter vertieft, der Fluss gerade geführt und der Fabrikkanal zur Inneren Spinnerei ausgegraben.
All diese grossen baulichen Massnahmen hatten zur Folge, dass eine viel grössere Wassermenge zur Verfügung stand. Durch den Bau eines zweiten Gebäudes wurde auch der Energiebedarf grösser. Die baulichen Massnahmen hatten auch eine wesentliche Verbesserung des Klimas in Unterägeri und des Gesundheitszustandes der Bevölkerung zur Folge.
Generaldirektor Wolfgang Henggeler-Wickard setzt seinen genialen Plan 1868 um, indem er das Wasser mit einem viel grösseren Gefälle auf eine neuentwickelte Turbine fallen liess.
Er baute einen vertikalen Schacht von 8 x 6 Meter Grundfläche und einer Tiefe von 18 Meter in den harten Sandsteinfelsen (siehe unter "Bilder der Wasserkraftanlage Unterägeri"). An dessen Sohle wurde die Turbine installiert. Das Abwasser musste in einem 600 Meter langen Stollen mit einer Lichtweite von 2 x 2 Meter abgeleitet werden. Diese bergmännische Arbeit wurde von böhmischen Bergknappen innert 5 Jahren beendet.
Noch heute ist diese Anlage Tag und Nacht in Betrieb und speist das Wasser in Neuägeri, bei der Mühleschwendibrücke wieder zurück in den Lorzenlauf.
Im 19. Jahrhundert konnten die Anstösser an der Lorze und an den Seen im Kanton Zug private Rechte zur Wasserentnahme und Nutzung der Wasserkraft beanspruchen. Die Rechtslage änderte mit der Einführung des zugerischen Sachenrechts am 1. Juli 1874. Die zugerischen Gewässer (Lorze, Zugersee, Ägerisee etc.) wurden "verstaatlicht". Ab 1874 benötigten Wassernutzungen eine kantonale Konzession. Die vor dem Inkrafttreten des zugerischen Sachenrechts auf Privatrecht beruhenden Nutzungen wurden jedoch als sogenannte ehehafte Rechte in ihrem ursprünglichen Bestande garantiert. Die heutige Nutzung des Wassers des Ägerisees durch SAE Immobilien AG beruht auf ehehaftem Recht.
1884
Eine kleine Gleichstrommaschine konnte angeschafft werden, welche die ersten Glühbirnen in der Fabrik aufleuchten liess.
Durch verfeinerte Turbinenkonstruktionen wurden im Laufe der Jahre zwei weitere Maschinen eingebaut. Die Kraftübertragung erfolgte bis 1908 ausschliesslich mechanisch, d.h. die Drehung des Turbinenraden wurde mittels einer 20 Meter langen Stahlwelle über verschiedene Kegelräder auf die Transmissionen in den Fabriksälen übertragen.
Im Zusammenhang mit dem Fabrikneubau von 1908 wurden auch die Energieerzeugung modernisiert. Ein Stromgenerator von MFO machte es möglich, dass man die elektrische Energie auf direkt installierte Elektromotoren übertragen konnte. Diese Maschine versah ihren Dienst bis 1980. Sie wurde durch eine Neukonstruktion ersetzt.
1922
Die Firma Bell & Cie. in Kriens wurde beauftragt, eine moderne Spiral-Francisturbine für Aegeri einzubauen. Noch heute versieht diese Maschine Tag und Nacht ihren Dienst. Mit einem Gefälle von 24 Meter, einer Wassermenge von 2500 Litern/Sekunde können jährlich 2 Millionen kWh Strom erzeugt werden.
1980
Am 31. März 1979 wurde die Produktion von Baumwollgarnen, d.h. der eigentliche Spinnereibetrieb eingestellt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde der in den beiden Wasserkraftwerken produzierte Strom in der Spinnerei selbst verbraucht. Damit der im Kraftwerk Innere Spinnerei (Unterägeri) produzierte Strom ins Netz eingespiesen werden konnte, musste das Kraftwerk Innere Spinnerei erneuert werden. Die Turbine von 1922 wurde durch die Firma Bell in Kriens revidiert und wieder eingebaut. Diese Turbine ist heute noch in Betrieb. Ein neuer Generator und eine neue Steuerung von Elin wurden in Betrieb genommen.
Ebenfalls im Jahre 1980 wurde die Seeschleuse bei der Höfnerstrasse, die den Ägerisee staut, erneuert und automatisiert.
1981
Die alte Schleuse Valenzia bei der Sprungstrasse wurde durch ein modernes Wehr ersetzt.
1999 und 2005
1999 wurde das Wehr Valenzia automatisiert. Im Jahre 2005 baute der Kanton eine Büsten-Fischtreppe um die Fischdurchlässigkeit zu ermöglichen.
2007
Der Durchlass unter der Kantonsstrasse für den Teuftännlibach in Neuägeri wurde aus Hochwasserschutzgründen vergrössert. Gleichzeitig wurde der Oberwasserkanal vom Wehr bei der Mühleschwendibrüccke bis zum Dücker beim Teuftännlibach betoniert. Bis anhin bestand dieser Kanal aus mit Brettern verkleidete Erdwällen.
2011
Das alte Dachwehr bei der Mühleschwendibrücke wurde abgebrochen. Dieses Wehr wurde rein mechanisch dem schwankenden Wasserstand angepasst. Ein modernes automatisiertes Wehr wurde in Betrieb genommen.
Zugleich wurde durch die SAE Immobilien AG eine Fischtreppe eingebaut. Diese Fischtreppe stelle hohe konstruktive Anforderungen, um einen konstanten Abfluss bei schwankendem Wasserstand zu garantieren.
2014/2015
Das alte Kraftwerk im Bürogebäude der SAE Immobilien AG in Neuägeri (Kraftwerk Äussere Spinnerei) wurde ausser Betrieb genommen. Die Francisturbine wurde 1915 eingebaut und war somit 100 Jahre in Betrieb.
Der Oberwasserkanal vom Dücker beim Teuftännlibach bis zum Wasserschloss beim Bürogebäude wurde betoniert. Neue Druckrohre vom Wasserschloss bis zur Turbine wurden verlegt. Ein neues Maschinenhaus hinter dem Bürogebäude wurde erstellt. Ebenso wurde eine neue Turbine eingebaut. Anstelle einer Francisturbine wurde eine Diagonal-Durchströmturbine gewählt. Im Weiteren wurden ein neuer Generator und eine neue Steuerung in Betrieb genommen. Das Wasserkraftwerk Äussere Spinnerei wurde somit komplett erneuert und saniert. Wir hoffen, dass die neue Turbine auch wieder 100 Jahre ihren Dienst erfüllt.